Kölner Stadt-Anzeiger - Nr. 85 - Freitag, 12 April 2002 - 13

KöLN


Achtzehn Männer und ein Sound
Kleine Bühne, grosse Band - Der "Rheinländer" lädt einmal im Monat zum grossen Gebläse ein.

 

Kölner Profi-Musiker raufen sich regelmäßig zur "Big Band Convention" zusammen.

 

"The Big Band Convention" Ein Bild von: RAKOCZY

 

Artikel von:  Christian Bos

Knappe Soli im dichten Bandgefüge. Die "Big Band Convention" begeistert seit mehr als vier Jahren die Gäste im Rheinländer.

Bild: RAKOCZY

 

Auf der Bühne, vor der Bühne, neben der Bühne drängen sich die Trompeter, Posaunisten, die Sopran-, Tenor- und Baritonsaxophonisten. Viel Blech im Rheinländer, dem kleinen Veranstaltungsort für andere kölsche Kultur im Schatten der Zoobrücke. Achtzehn Mann, viel Puste und wasserdichte Arrangements, das knallt ganz gewaltig - und die rustikalen Tische vibrieren vor mit-wippenden Füßen.

 

 Zum fünfzigsten Mal finden sich KölnerProfi-Musiker heute Abend im Auenweg zur "Big Band Convention" zusammen. Und wie immer sind die gut 100 Quadratmeter des liebenswerten Ladens gerappelt voll mit Menschen, die das seltene Vergnügen genießen, Musik in ganz großer Besetzung zu hören. 

Musik wird heute von vier Jungs oder Mädchen oder einem einsamen Laptop-Artisten gemacht. Die achtzehn sitzenden Männer gehören einer aussterbenden Art an, und sie wissen das. "In einer Big Band zu spielen ist einfach was ganz Besonderes", schwärmt Martin Schäfer. Der Bariton-Saxophonist hat die Big Band Convention ins Leben gerufen. Gerade am Anfang war das organisatorische Schwerstarbeit. Und Geld kann man mit einer Big Band auch nicht verdienen. Was vom Spielen übrig bleibt, wird in Noten und Proberäume gesteckt. 

"Inzwischen schöpfen wir in Köln aus einen Pool von 50 bis 60 sehr guten Musikern", sagt Bandleader Stefan Pfeifer: "Da kann immer jemand einspringen. Manche haben nur ein-, zweimal in der Big Band gespielt, andere sind fast immer dabei." Gerade das disziplinierte Zusammenspiel interessiert die Musiker. 

"Das kann auch im Chaos enden", erzählt Martin Schäfer, "aber wenn es klappt, hebt es einen aus dem Sitz, dann geht die Sonne auf." Es ist die Liebe zum großen Klangkörper - zu den vielfältigen Klangfarben, die man mit einer gut einstudierten Big Band erzeugen kann - die musikalische Einzelkämpfer gemeinsam auf eine Bühne treibt, die seit vier Jahren ein treues, schwer begeistertes Stammpublikum auf die rechte Rheinseite lockt.

Da sind einige dabei, die Duke Ellington oder Count Basie noch in den Fünfzigern life gesehen haben mögen, aber auch junge Pärchen, die nur zwanzig Zentimeter vom Keyboard entfernt Schmankerl aus der französischen Landküche des Rheinländers verzehren. Weg- geblasen werden sie alle. Nur die ganz Jungen bleiben aus. Wer zwanzig ist und hip sein will, hört keinen Mainstream-Jazz. Das mag daran liegen, daß sich der Jazz-Fan traditionell nicht anziehen kann. Aber Karo-Hemd hin oder her, junge Popisten nehmen ihre Lieblingsplatten genauso langwierig auseinander wie gealterte Jazzthetiker. Und was klingt schon so gut wie eine Big Band?


Matthias Niese ©